FIPS NEWS Nr. 4: „fridays for future“ – Zur ökologischen Krise unserer heutigen Gesellschaft

Editorial

Bild von Anders Hellberg – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=77270098

„Schulstreik für das Klima“.

Greta Thunberg im August 2018 vor dem schwedischen Parlament in Stockholm. Vor den Parlamentswahlen im Sommer 2018 begann Greta Thunberg ihren „Schulstreik für das Klima“. In Katowice rief sie die Schülerinnen und Schüler weltweit immer freitags zum Schulstreik auf.

Das Aufbegehren gegen die ökologische Krise unserer Gesellschaft hat einen neuen Namen: fridays for future. Angesichts der globalen ökologischen Krise ist mit fridays for future eine Jugendbewegung entstanden, die mit radikalen Inhalten und frechen Formen provoziert und herausfordert. Diese Bewegung steht – wie sie selbst sagt – mit  ihrem Protest erst „am Anfang“. Was uns an ihr begeistert, ist ihre Offenheit, Beharrlichkeit und ihre Denkfreiheit. Wir sind solidarisch mit dieser Bewegung und möchten daher sechs öffentliche Reden von Greta Thunberg, der schwedischen Aktivistin, die diese Bewegung auslöste und die durch ihre Kenntnisse, ihre Integrität und ihren Einsatz zu Recht Beispiel gebend für diese Bewegung steht,  in dieses Newsletter aufnehmen. Außerdem geben wir Auszüge des Aufrufs „Streikt mit uns!“ von Fridays for Future und der Erklärung von Intellektuellen und Wissenschaftlern hierzu vom 23. Mai 2019 wieder. Beide rufen zu einem weltweiten Streik am 20. September 2019 auf. Am Freitag, den 19. Juli wird eine Kundgebung von fridays for future Berlin im Invalidenpark um 10.00 Uhr stattfinden. An dieser Kundgebung wird Greta Thunberg teilnehmen.

Buchbesprechung: David Abram, Im Bann der sinnlichen Natur. Die Kunst der Wahrnehmung und die mehr-als-menschliche Welt. Zuerst auf Englisch erschienen 1996, dt. Übersetzung in think oya Verlag, Klein Jasedow 2015. Der Ökologe David Abram zeigt aus anthropologischer Sicht, dass die globale ökologische Krise ihre Wurzeln in der zivilisatorischen Entwicklung der Menschheit selbst  hat und daher nur eine wirklich humane Sicht- und Lebensweise der Menschheit aus dieser Krise herausführen kann.

14. Juli 2019     Dr. Peter Milde

Aufruf von „Fridays for Future“ vom 23. Mai 2019

Streikt mit uns!

„Am Freitag gehen wir in großer Zahl in 110 Ländern bei mehr als 1350 Veranstaltungen auf die Straße und fordern, dass Regierungen umgehend einen sicheren Weg beschreiten, die Erderwärmung unter 1,5 Grad Celsius zu halten. Wir haben Wochen und Monate damit verbracht, diesen Tag vorzubereiten. Wir haben zahllose Stunden organisiert und mobilisiert, in denen wir auch einfach mit unseren Freunden herumhängen oder für die Schule hätten lernen können.

Wir, Kinder und junge Erwachsene, haben festgestellt, dass wir keine Wahl haben: Jahre sind mit Gerede vergangen, mit unzähligen Verhandlungen, mit nutzlosen Vereinbarungen zum Klimawandel. Firmen, die fossile Brennstoffe fördern, durften jahrzehntelang ungehindert in unseren Böden schürfen und unsere Zukunft abfackeln. Politiker wussten seit Jahrzehnten über den Klimawandel Bescheid. Sie haben ihre Verantwortung für unsere Zukunft bereitwillig Profiteuren überlassen, deren Suche nach schnellem Geld unsere Existenz bedroht.

Wir haben begriffen: Wenn wir nun nicht damit beginnen, für unsere Zukunft einzustehen, wird niemand anderes den Anfang machen. Wir selbst sind die, auf die wir gewartet haben.

(…)

Wir haben das Gefühl, dass viele Erwachsene noch nicht ganz verstanden haben, dass wir jungen Leute die Klimakrise nicht alleine aufhalten können. Tut uns leid, wenn Sie das nicht wahrhaben wollen. Aber das ist keine Aufgabe für eine einzelne Generation. Das ist eine Aufgabe für die gesamte Menschheit. Wir jungen Leute können unseren Beitrag für einen größeren Kampf leisten, und das kann einen großen Unterschied machen. Aber das funktioniert nur, wenn unser Aufschlag als Aufruf verstanden wird.

Deswegen ist dies unsere Einladung. Am Freitag, 20. September, werden wir mit einem weltweiten Streik eine Aktionswoche für das Klima beginnen. Wir bitten Sie, sich uns anzuschließen. Es gibt in verschiedenen Teilen der Welt viele verschiedene Pläne für Erwachsene, sich zusammenzuschließen, Farbe zu bekennen und sich für unser Klima aus der Komfortzone herauszuwagen. Lasst uns diese Pläne zusammenbringen; gehen Sie an diesem Tag mit Ihren Nachbarn, Kollegen, Freunden und Familien auf die Straße, damit unsere Stimmen gehört werden und dies ein Wendepunkt in der Geschichte wird.

Es geht darum, Linien zu überschreiten – es geht darum zu rebellieren, wo immer man rebellieren kann. Es geht nicht darum zu sagen, „Yeah, was die Kids da tun, ist großartig, wäre ich noch jung, würde ich so was von mitmachen“. Das hilft uns nicht weiter, aber jeder kann und muss mithelfen.

Während der Französischen Revolution sind Mütter in Scharen für ihre Kinder auf die Straße gegangen. Heute kämpfen wir Kinder alleine für uns selbst, während so viele unserer Eltern damit beschäftigt sind zu diskutieren, ob unsere Noten gut sind, ob wir unsere Ernährung umstellen sollen oder was im „Game of Thrones“-Finale passiert ist – während unser Planet brennt.

Dieser Moment muss kommen. Der Bericht über den Klimawandel des Weltklimarates hat deutlich gemacht, was die noch nie dagewesenen Gefahren einer Erwärmung über 1,5 Grad Celsius bedeutet. Emissionen müssen rapide sinken, damit wir in unseren Mitt- und Spätzwanzigern in einer vollkommen anderen Welt leben.

Aber um alles zu verändern, brauchen wir alle. Es ist Zeit für uns alle, massenhaften Widerstand zu leisten – wir haben gezeigt, dass kollektive Aktionen funktionieren. Wir müssen den Druck erhöhen, um sicherzustellen, dass der Wandel passiert. Und wir müssen ihn gemeinsam beschleunigen.

Dies ist also unsere Chance – schließt euch unseren Klimastreiks und -aktionen in diesem September an. Die Menschen haben sich schon oft zusammengetan, um Taten zu fordern und Wandel loszutreten, wenn wir das in großer Zahl tun, haben wir eine Chance. Wenn uns das wirklich wichtig ist, müssen wir mehr tun, als zu sagen, dass das wichtig ist. Wir müssen handeln.

Dies wird nicht der letzte Tag sein, an dem wir auf die Straße ziehen müssen, aber es wird ein neuer Anfang sein.

Wir zählen auf Sie.“

Greta Thunberg (Schweden), Kyra Gantois (Belgien), Luisa Neubauer (Deutschland), Eslem Demirel (Schweiz), Noga Levy-Rapoport (Großbritannien), Isra Hirsi (USA), Angela Valenzuela (Chile), Martial Breton (Frankreich), Nurul Fitrah Marican (Malaysia), Asees Kandhari (Indien), Jessica Dewhurst (Südafrika), Alexandria Villasenor (USA), Jonas Kampus (Schweiz), George Bond (Großbritannien), Lena Bühler (Schweiz), Kallan Benson (USA), Linus Dolder (Schweiz), Beth Irving (Großbritannien), Zel Whiting (Australien), Marenthe Middelhoff (Niederlande), Lubna Wasim (Indien), Radhika Castle (Indien), Zhang Tingwei (Taiwan), Parvez Patel (Indien), Wu Chun-Hei (Taiwan), Anjali Pant (Indien), Tristan Vanoni (Frankreich), Luca Salis (Deutschland), Brian Wallang (Indien), Anisha George (Indien), Hiroto Inoue (Japan), Haven Coleman (USA), Maddy Fernands (USA), Feliquan Charlemagne (USA), Salomée Levy (USA), Karla Stephan (USA), Anya Sastry (USA), Claudio Ramirez Betancourt (Chile), Vicente Gamboa Soto (Chile), Julia Weder (Kanada), Lilly Platt (Niederlande), Balder Claassen (Niederlande), Kassel Hingee (Japan), Maria Astefanoaei (Japan), Pavol Mulinka (Slovakei).

(Quelle: https://www.sueddeutsche.de/kultur/greta-thunberg-fridays-for-future-streik-1.4459464, eingesehen am 28.05.2019)

Weitere Informationen:

fridays for future Deutschland: https://fridaysforfuture.de/

Zum Sommerkongress vom 31. Juli – 4. August 2019 in Dortmund: https://kongress.fridaysforfuture.de/

Speech Greta Thunberg at “Extinction Rebellion” in London, 31 october 2018

„Thank you [Applause].

When I was about eight years old I first heard about something called climate change or global warming apparently that was something humans had created by our way of living. I was told to turn off the lights to save energy and to recycle paper to save resources.

I remember thinking that it was very strange, that humans who are an animal species among others, could be capable of changing the earth’s climate. Because, if we were and if it was really happening, we wouldn’t be talking about anything else. As soon as you turned on the TV, everything would be about that. Headlines, radio, newspapers. You would never read or hear about anything else. As if there was a world war going on.

But. No one never talked about it.

If burning fossil fuels was so bad, that it threatened our very existence, how could we just continue like before? [Applause].  Why were there no restrictions? Why wasn’t it made illegal? To me, that did not add up. It was too unreal.

I have Asperger’s syndrome, and to me, almost everything is black or white. I think in many ways that we autistic are the normal ones and the rest of the people are pretty strange. [Applause] They keep saying that climate change is an existential threat and the most important issue of all. And yet they just carry on like before. If the emissions have to stop then we must stop the emissions. [Applause]  To me, that is black or white. There are no grey areas when it comes to survival. Either we go on as a civilization or we don’t. We have to change.

Countries like Sweden and the UK need to start reducing emissions by at least 15% every year. And that is so that we can stay below a 2-degree warming target. Now the IPCC says that we have to aim for 1,5 degrees. So we can only imagine what that means. You would think every one of our leaders and the media would be talking about nothing else — but no one ever mentions it. Nor does anyone ever mention anything about the greenhouse gases already locked in the system, nor that air pollution is hiding a warming, so when we stop burning fossil fuels, we already have an extra 0,5 to 1,1 degrees celsius guaranteed.

Nor does hardly anyone ever mention that we are in the midst of the sixth mass extinction, with about 200 species going extinct every single day.

Furthermore, does no one ever speak about the aspect of equity, or climate justice, clearly stated everywhere in the Paris agreement and the Kyoto protocol, which is absolutely necessary to make the Paris agreement work, on a global scale. That means that rich countries need to get down to zero emissions, within 6–12 years, so that people in poorer countries can heighten their standard of living by building some of the infrastructures that we have already built. Such as roads, hospitals, electricity, schools, and clean drinking water. Because how can we expect countries like India or Nigeria to care about the climate crisis if we, who already have everything, don’t care even a second about it or our actual commitments to the Paris agreement?

So, why are we not reducing our emissions? Why are they, in fact, still increasing? Are we knowingly causing a mass extinction? Are we evil?

No, of course not. People keep doing what they do because the vast majority doesn’t have a clue about the consequences of our everyday life. And they don’t know the rapid changes required.

Since, as I said before, no one talks about it. There are no headlines, no emergency meetings, no breaking news. No one is acting as if we were in a crisis. Even most green politicians and climate scientists go on flying around the world, eating meat and dairy.

If I live to be 100 I will be alive in the year 2103. When you think about “the future” today, you don’t think beyond the year 2050. By then I will, in the best case, not even have lived half of my life. What happens next? The year 2078 I will celebrate my 75th birthday. What we do or don’t do, right now, will affect my entire life, and the lives of my children and grandchildren.

When school started in August this year I decided that this was enough. I sat myself down on the ground outside the Swedish parliament. I school strikes for the climate. [Applause]

Some people say that I should be in school instead. Some people say that I should study to become a climate scientist so that I can ”solve the climate crisis”. But the climate crisis has already been solved. We already have all the facts and solutions. All we have to do is to wake up and change.

And why should I be studying for a future that soon will be no more, when no one is doing anything whatsoever to save that future? And what is the point of learning facts within the school system when the most important facts given by the finest science of that same school system clearly means nothing to our politicians and our society?

A lot of people say that Sweden is just a small country and that it doesn’t matter what we do. But I think that if a few children can get headlines all over the world just by not going to school for a few weeks, imagine what we all could do together if we wanted to.

Today we use 100 million barrels of oil every day. There are no politics to change that. There are no rules to keep that oil in the ground. So we can’t save the world by playing by the rules because the rules have to be changed [Applause].

Everything needs to change. And it has to start today. So everyone out there, it is now time for civil disobedience, it is time to rebel [Applause].“ 

(Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=H8prVarP-rQ, eingesehen am 28.04.2019)

Rede Greta Thunbergs in Katowice auf der 24. UN-Klimakonferenz in Polen am 13. Dezember 2018

„Mein Name ist Greta Thunberg. Ich bin 15 Jahre alt und komme aus Schweden. Ich spreche im Auftrag von „Climate Justice Now“. Viele Menschen sagen, dass Schweden nur ein kleines Land ist und es egal sei, was wir tun. Ich aber habe gelernt, dass du niemals zu klein bist, um eine Auseinandersetzung zu führen. Wenn ein paar Kinder es schaffen, Schlagzeilen auf der ganzen Welt zu bekommen, indem sie einfach nicht zur Schule gehen, dann stellt euch erst mal vor, was wir alles erreichen könnten, wenn wir es wirklich wollten. Aber um das zu tun, müssen wir Klartext reden, wie unangenehm das auch sein könnte.

Ihr redet nur vom grünen, ewigen Wirtschaftswachstum, weil ihr Angst habt, unpopulär zu sein. Ihr sprecht  nur davon, mit gleichen schlechten Ideen weiterzumachen, die uns in diese Misere gebracht haben. Dabei wäre es das einzig Vernünftige, die Notbremse zu ziehen. Ihr seid nicht erwachsen genug zu sagen, wie es ist. Sogar diese Bürde überlasst ihr uns Kindern.

Ich kümmere mich nicht darum, beliebt zu sein. Mir geht es um Klimagerechtigkeit und um einen lebenswerten Planeten. Unsere Zivilisation wird geopfert für die Möglichkeiten einer kleinen Anzahl von Menschen, eine enorme Menge Geld zu verdienen. Unsere Biosphäre wird geopfert, damit reiche Menschen in Ländern wie meinem in Luxus leben können. Es sind die Leiden der Vielen, die für den Luxus der Wenigen bezahlen.

2078 werde ich meinen 75. Geburtstag feiern. Wenn ich Kinder habe, werden sie vielleicht den Tag mit mir verbringen. Vielleicht werden sie mich nach euch fragen. Vielleicht werden sie fragen, warum ihr nichts unternommen habt, als es noch Zeit  war zu handeln. Ihr sagt, dass ihr eure Kinder mehr als alles andere liebt. Direkt  vor ihren Augen stielt ihr ihnen ihre Zukunft. Bis ihr beginnt euch auf das zu fokussieren, was getan werden muss, als darauf was politisch machbar ist, gibt es keine Hoffnung.

Wir können eine Krise nicht lösen, ohne sie als eine Krise zu behandeln. Wir müssen die fossilen Energieträger im Boden lassen. Wir müssen den Fokus auf Fairness legen. Wenn es unmöglich ist, Lösungen im bestehenden System zu finden, sollten wir das System selbst ändern.

Wir sind nicht hierhergekommen, um vor Weltpolitikern darum zu betteln, dass sie sich kümmern. Ihr habt uns in der Vergangenheit ignoriert und ihr werdet uns wieder ignorieren. Euch gehen langsam die Ausreden aus und uns läuft die Zeit davon. Wir sind hierhergekommen, um euch mitzuteilen, dass ein Wandel kommen wird, ob ihr es wollt oder nicht. Die wirkliche Macht gehört den Menschen.

Vielen Dank.“

(Eigene Übersetzung, Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=HzeekxtyFOY, eingesehen am 28.04.2019)

Rede Greta Thunbergs auf dem Kongress des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses am 21. Februar 2019 in Brüssel

„Mein Name ist Greta Thunberg. Ich bin eine Klima-Aktivistin aus Schweden. Und heute sind in diesem Raum auch – wenn ihr herauf kommen könnt – Anuna, Adelaide, Kyra, Gilles, Dries, Thun und Luisa. (Applaus) Zehntausende von Kindern machen einen Schulstreik für das Klima auf den Straßen von Brüssel. Hunderttausende tun das gleiche auf der ganzen Welt. Wir sind Schulstreikende, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Und einige von uns sind heute hier.

Die Leute sagen uns immer, dass sie so hoffnungsvoll sind. Sie sind hoffnungsvoll, dass die jungen Leute die Welt retten werden. Wir sind es aber nicht. Es ist einfach nicht genug Zeit, darauf zu warten, bis wir erwachsen sind und die Verantwortung übernehmen können. Denn bis zum Jahr 2020 müssen wir die Emissionskurve steil nach unten gesenkt haben. Das ist nächstes Jahr.

Wir wissen, dass die meisten Politiker nicht mit uns sprechen wollen. Gut. Wir wollen ebenfalls nicht mit ihnen reden. (Applaus) Wir möchten stattdessen, dass ihr mit den Wissenschaftlern sprecht und ihnen zuhört, da wir einfach wiederholen, was sie sagen und schon seit Jahrzehnten gesagt haben. Wir möchten, dass ihr dem Pariser Abkommen und den IPCC-Berichten folgt. Wir haben keine anderen Bekundungen oder Forderungen. Übernehmt den Standpunkt der Wissenschaft, das ist unsere Forderung.

Wenn viele Politiker über diesen Schulstreik für das Klima sprechen, sprechen sie über fast alles außer der Klimakrise. Viele Menschen versuchen, die Schulstreiks zu einer Frage zu machen, ob wir das Schule schwänzen fördern oder ob wir wieder zur Schule gehen sollen oder nicht. Sie erfinden alle möglichen Verschwörungen und nennen uns Marionetten, die nicht für sich selbst denken können. Sie versuchen verzweifelt, den Fokus von der Klimakrise abzulenken und das Thema zu wechseln.

Ihr wollt nicht darüber reden, weil ihr wisst, dass ihr diesen Kampf nicht gewinnen könnt und weil ihr wisst, dass ihr eure Hausaufgaben nicht gemacht habt. Aber wir haben es. Sobald ihr eure Hausaufgaben gemacht habt, werdet ihr erkennen, dass wir eine neue Politik brauchen. Wir brauchen eine neue Ökonomie, bei der alles basiert auf einem rapide sinkenden und extrem begrenzt bleibenden Kohlenstoff-Budget. Aber das ist nicht genug. Wir brauchen eine völlig neue Denkweise.

Das politische System, das ihr geschaffen habt, dreht sich allein um den Wettbewerb. Ihr betrügt uns, wenn ihr könnt, denn alles, was zählt, ist zu gewinnen, um Macht zu bekommen. Das muss ein Ende haben. Wir müssen aufhören, gegeneinander zu konkurrieren. Wir müssen kooperieren und zusammenarbeiten und die Ressourcen des Planeten auf faire Weise teilen.

Wir müssen innerhalb der planetarischen Grenzen des Planeten leben, uns auf Gerechtigkeit fokussieren und ein paar Schritte zurück treten, zum Schutz aller lebenden Arten. Wir müssen die Biosphäre, die Luft, die Ozeane, den Boden und die Wälder schützen. Das mag sich naiv anhören, aber wenn ihr eure Hausaufgaben gemacht habt, wisst ihr, dass wir gar keine andere Wahl haben.

Wir müssen uns mit jedem Teil unseres Lebens auf den Klimawandel fokussieren, denn wenn wir dabei scheitern, waren alle unsere Errungenschaften und Fortschritte umsonst und alles, was unsere politischen Führer hinterlassen werden, wird das größte Scheitern der Menschheitsgeschichte sein. Und sie werden als die größten Verbrecher aller Zeiten in Erinnerung bleiben, weil sie sich entschieden haben, nicht zuzuhören und nicht zu handeln. Dass dies nicht geschieht, dafür ist immer noch Zeit. Dem IPCC-Bericht zufolge sind wir etwa elf Jahre davon entfernt, in einer Position zu sein, in der wir unumkehrbaren Kettenreaktionen ausgesetzt sein werden, die außerhalb der menschlichen Kontrolle liegen.

Um dies zu verhindern, müssen in diesem Jahrzehnt beispiellose Veränderungen in allen Bereichen der Gesellschaft stattfinden, einschließlich einer Reduzierung unserer CO²-Emissionen um mindestens 50% bis zum Jahr 2030. Und bitte beachtet, dass diese Zahl noch nicht den Aspekt der Gerechtigkeit beinhaltet, der unbedingt erforderlich ist wegen der globalen Dimension des Pariser Abkommens. Sie enthalten auch keine Kipppunkte oder Rückkopplungsschleifen wie für das extrem mächtige Methangas, das vom auftauenden arktischen Permafrost freigesetzt wird. Sie beinhalten jedoch negative Emissionstechniken in riesigem planetarischem Maßstab, die noch erfunden werden müssen. Und sehr viele Wissenschaftler befürchten, dass wir nicht rechtzeitig fertig sein werden und dass es unmöglich sein wird, diese in dem erforderlichen Umfang zu liefern.

Uns wurde gesagt, dass die EU ihr Emissionsreduktionsziel verbessern will. In dem neuen Ziel schlägt die EU vor, die Treibhausgasemissionen bis 2030 auf 45% unter das Niveau von 1990 zu senken. Manche Leute sagen, das sei gut oder das sei ambitioniert. Dieses neue Ziel reicht jedoch immer noch nicht aus, um die globale Erwärmung unter 1,5 Grad Celsius zu halten. Dieses Ziel ist nicht ausreichend, um Kindern, die heute aufwachsen, die Zukunft zu sichern. Wenn die EU ihren gerechten Beitrag leistet, um innerhalb des Kohlenstoff-Budgets für die 2-Grad-Grenze zu bleiben, dann braucht es eine Reduktion um 80% bis 2030, einschließlich der Luftfahrt und Schifffahrt. Dies ist doppelt so ehrgeizig wie der aktuelle Vorschlag.

Die Handlungen, die nötig sind,  liegen jenseits von Erklärungen oder der Parteipolitik. Wieder einmal kehrt ihr euren Dreck unter den Teppich, damit unsere Generation ihn beseitigen und lösen soll.

Einige Leute sagen, dass wir für unsere Zukunft kämpfen. Das stimmt aber nicht. Wir kämpfen nicht für unsere Zukunft, wir kämpfen für unser aller Zukunft. (Applaus) Und wenn ihr meint, dass wir stattdessen in der Schule sein sollten, schlagen wir vor, dass ihr unseren Platz auf den Straßen ein nehmt und auf eurer Arbeit streikt – oder noch besser, dass ihr euch uns anschließt, damit wir den Prozess beschleunigen können.

Es tut mir leid, aber zu sagen, alles werde gut, während alles so weiter geht, ist für uns nicht hoffnungsvoll. Tatsächlich ist es das Gegenteil von Hoffnung. Und das ist es genau, was ihr immer weiter macht. Ihr könnt nicht einfach herumsitzen und auf Hoffnung warten. Dann benehmt ihr euch wie verwöhnte, verantwortungslose Kinder. Ihr versteht nicht, dass Hoffnung etwas ist, dass ihr euch verdienen müsst. Und wenn ihr immer noch sagt, dass wir wertvolle Unterrichtszeit verschwenden, dann möchte ich euch daran erinnern, dass unsere politischen Führer Jahrzehnte mit Leugnung und Untätigkeit verschwendet haben.
Da unsere Zeit abläuft, haben wir beschlossen, selbst in Aktion zu treten. Wir haben begonnen, euren Dreck zu beseitigen, und wir werden nicht aufhören, bis wir fertig sind.

Vielen Dank.“

(Eigene Übersetzung, Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=sVeYOPJZ8oc, eingesehen am 27.04.19)

Rede Greta Thunbergs auf der Abschlusskundgebung der Demonstration von fridays-for-future am 29. März 2019 in Berlin

„Heute sind wir wenigstens 25tausend und 10tausende überall in der Welt. Vielen Dank, dass ihr gekommen seid.

Die älteren Generationen haben versagt die größte Krise zu bewältigen, vor der die Menschheit  je stand. Wenn wir ihnen sagen, dass wir besorgt über die Zukunft unserer Zivilisation sind, dann tätscheln sie unsere Köpfe und sagen: „Alles wird gut werden. Habt keine Sorgen.“ Aber wir müssen uns sorgen, wir müssen in Panik geraten. Und mit Panik meine ich nicht, dass wir kreischend herumrennen sollen.  Mit Panik meine ich, dass wir unsere Komfort-Zone verlassen müssen. Denn wenn du dich in einer Krise befindest, musst du dein Verhalten ändern.

Ich möchte jeden von euch 25tausend nochmals danken, dass ihr heute hier seid. Wir sind heute hier zusammen gekommen. Wir setzen uns ein gemeinsames Ziel: Wir wollen eine Zukunft. Ist  das zu viel verlangt? Aber wir haben immer noch nichts davon gesehen. Dies ist erst der Anfang vom Anfang. Glaubt mir.

Danke.“

(Eigene Übersetzung, Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=4JFMz5I6ts4, eingesehen am 27.04.2019)

Rede Greta Thunbergs anlässlich der Entgegennahme des Sonderpreises der Goldenen Kamera am 31. März 2019 in Berlin

„Danke,

ich möchte diesen Preis denjenigen widmen, die den Hambacher Forst schützen und die überall dafür kämpfen fossile Energieträger in der Erde zu lassen.

Wir leben in einer merkwürdigen Welt, in der die versammelte Wissenschaft uns lehrt, dass wir nur noch 11 Jahre entfernt sind vom Auslösen einer unumkehrbaren Kettenreaktion, die sich menschlicher Kontrolle entzieht und die wohl das Ende jeder menschlichen Zivilisation bedeuten dürfte.

Wir leben in einer merkwürdigen Welt, in der Kinder ihre eigene Ausbildung opfern müssen, um gegen die Zerstörung ihrer Zukunft zu protestieren,

in der diejenigen, die am wenigsten zu dieser Krise beigetragen haben, am meisten von ihr betroffen sein werden,

in der die Politiker sagen, es sei zu teuer, die Welt zu retten, während sie Milliarden Euro ausgeben, um fossile Energieträger zu subventionieren.

Wir leben in einer merkwürdigen Welt, in der es niemand wagt, über unser gegenwärtiges politisches System hinaus zu schauen, obwohl klar ist, dass die Antworten, die wir suchen, sich nicht in der heutigen Politik finden lassen,

eine Welt, in der sich manche mehr Gedanken darüber machen, ob Kinder zur Schule gehen, als über die Zukunft der Menschheit,

eine Welt, in der sich jeder seine eigene Realität aussuchen und seine eigene Wahrheit kaufen kann,

in der unser Überleben abhängt von einem kleinen und verschwindenden Vorrat an fossilen Energieträgern und kaum jemandem ist dies bewusst,

eine Welt, in der wir glauben, dass wir uns herauskaufen oder bauen können aus einer Krise, die dadurch entstanden ist, das wir gekauft und gebaut haben,

eine Welt, in der ein Fußballspiel oder eine Film-Gala mehr Medienaufmerksamkeit  bekommt als die große Krise vor der die Menschheit steht,

in der Prominente, Film- und Popstars, die sich gegen alle möglichen Ungerechtigkeiten auflehnen, sich nicht für Umwelt- und Klimagerechtigkeit engagieren, weil sie dann nicht mehr um die Welt fliegen könnten, um ihre  Lieblingsrestaurants, Strände und Yoga-Seminare zu besuchen.

Den katastrophalen Klimazusammenbruch zu verhindern, dies schein unmöglich, aber genau das müssen wir tun.

Und jetzt kommt die Wahrheit: Wir schaffen das nicht ohne sie im Publikum. Die Menschen sehen sie, sehen euch als Götter an. Ihr habt Einfluss auf Milliarden von Menschen. Wir brauchen euch. Ihr könnt eure Stimme verwenden, um Bewusstsein zu schaffen für diese globale Krise. Ihr könnt dazu beitragen, dass aus Einzelpersonen ganze Bewegungen werden.

Ihr könnt dabei helfen, unsere Verantwortlichen, unsere Machthaber wachzurütteln, sie wissen zu lassen, dass unser Haus in Flammen steht.

Wir leben in einer merkwürdigen Welt, die Welt, die meiner Generation nun bleibt, die einzige Welt, die wir haben.

Wir stehen jetzt an einem Scheideweg unsere Geschichte. Wir sind dabei zu versagen, aber noch haben wir nicht versagt. Wir können es noch schaffen. Es gibt noch Zeit, es liegt ganz an uns.

Vielen Dank.“

(Eigene Übersetzung, Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=29k-f9K0NmQ, eingesehen am 28.04.2019)

Thousands Gather at Marble Arch to Hear Greta Thunberg – Extinction Rebellion – Apr21st 2019

„Hi [Applause],

it’s an honour for me to be here with you today, together we are making difference.

I come from Sweden and back there is almost the same problem as here as everywhere that nothing is being done to stop the climate an ecological crises despite all the beautiful words and promises.

And we are now facing an existential crisis the climate crises and ecological crises which have never been treated as crisis before. They have been ignored for decades and for way too long the politicians and the people in power have gotten away with not doing anything at all to fight the climate crisis and ecological crises.

But we will make sure that they will not get away with it any longer [Applause].

Humanity is now standing at a crossroads. We must now decide which path we want to take. How do we want the future living conditions for all species to be like.

We have gathered here today and on many other places around London and across the world too. We have gathered today because we have chosen which path we want to take and now we are waiting for the others to follow our example [Applause].

We are the ones making a difference. We, the people in this extinction rebellion and the children’s school striking for the climate, we are the ones making a difference. It shouldn’t be like that but since no one else is doing anything we will have to do so [Applause]. And we will never stop fighting. We will never stop fighting for this planet and for ourselves our futures and for futures of our children and grandchildren.

Thank you. [Applause]“

(Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=QORjAX2Ttoo, eingesehen am: 28.04.19)

Intellektuelle und Wissenschaftler unterstützen den Aufruf von „Fridays for Future“ (24. Mai 2019)

„Am Freitag den 20. September werden wir auf Bitte der jungen Menschen, die rund um die Welt Schulstreiks organisieren, unsere Arbeitsplätze und Wohnungen verlassen, um einen Tag lang Maßnahmen gegen den Klimawandel zu fordern, die große, existenzielle Bedrohung der gesamten Menschheit. Es wird ein eintägiger Klima-Streik sein und der Auftakt zu einer Woche mit Klima-Aktionen auf der ganzen Welt. Wir hoffen, damit eine Zeitenwende einzuleiten. Und wir hoffen, dass sich uns viele Menschen anschließen und ihre Büros, Bauernhöfe und Fabriken verlassen; dass Politiker ihren Wahlkampf unterbrechen und Fußballstars ihre Spiele; dass sich Schauspieler abschminken und Lehrer ihre Kreide niederlegen; dass Köche ihre Restaurants schließen und für die Protestierenden kochen; und dass Rentner ihren Alltagstrott unterbrechen. Damit unsere führenden Politiker endlich diese Botschaft hören: Jeden einzelnen Tag verursacht unser Lebensstil eine ökologische Krise, die eine gesunde, sichere Zukunft auf unserem Planeten unmöglich macht. (…)

Wir hoffen, dass Gruppen aus allen Bereichen des Umweltschutzes, des Gesundheitswesens, der Sozial- und Entwicklungshilfe sich anschließen werden. Aber unsere größte Hoffnung ist, einfach zu zeigen, dass die, die etwas gegen diese Krise tun und die, die schon jetzt am härtesten davon betroffen sind, von Millionen von Menschen unterstützt werden, an denen das wachsende Grauen über unsere ökologische Misere nagt, die sich aber bisher eher im Hintergrund gehalten haben. Es könnte ein paar Anläufe brauchen um diese Mengen auf die Straße zu bringen, aber wir haben nicht viel Zeit. Unser Fenster für wirksamen Klimaschutz schließt sich schnell.

Wir wissen, dass nicht jeder teilnehmen kann – auf einem Planeten, der von eklatanter Ungleichheit geprägt ist, kommen viele ohne den Lohn eines Tages buchstäblich nicht über die Runden, oder sie haben Chefs, die sie entlassen würden, sollten sie es wagen zu streiken. Andere Jobs lassen sich schlicht nicht unterbrechen: Notärzte sollten sich weiterhin ihren Aufgaben widmen. Aber viele von uns können ihre täglichen Routinen für 24 Stunden unterbrechen und sich trotzdem darauf verlassen, dass sie noch da sind, wenn sie zurückkehren.

Wir hoffen, dass einige Menschen den Tag dem Protest widmen: gegen neue Pipelines oder die Banken, die sie finanzieren; gegen Ölkonzerne und die Politiker, die deren Lügen weiterverbreiten. (…)

Wir sind die Menschen, die zufällig in einem historischen Moment leben, in der unsere Entscheidungen die Zukunft noch auf Zehntausende Jahre hin beeinflussen: wie hoch die Meeresspiegel ansteigen, wie weit sich die Wüste ausbreitet, wie schnell die Wälder abbrennen. Ein Teil unseres Wirkens muss darin bestehen, die Zukunft zu bewahren.

Bill McKibben, Autor, Pädagoge, Umweltschützer und Gründer von 350.org (USA), Christiana Figueres, ehemalige Geschäftsführerin der Klimarahmenkonvention der UN (Costa Rica), Naomi Klein, Journalistin (Kanada), Mark Ruffalo, Schauspieler (USA), Michael Mann, Klimaforscher und Geophysiker (USA), Margaret Atwood, Schriftstellerin (Kanada), Noam Chomsky, Sprachwissenschaftler, Philosoph, Kognitionswissenschaftler, Historiker, politischer Aktivist und Sozialkritiker,(US), Nancy Fraser, kritische Theoretikerin, Feministin, Professorin für Sozialwissenschaften und Philosophie (USA), Vandana Shiva, Wissenschaftlerin, Umweltaktivistin (Indien), Bruno Latour, Philosophieprofessor (Frankreich), Nnimmo Bassey, Health of Mother Earth Foundation (Nigeria), Rebecca Solnit, Schriftstellerin (USA), Farhana Yamin, Internationale Rechtsanwältin und Koordinatorin des politischen Teams von Extinction Rebellion (Großbritannien), Patrick Bond, Ehrenprofessor für politische Ökonomie an der Witwatersrand-Universität Johannesburg (Südafrika), Gina McCarthy, Expertin für Umweltgesundheit und Luftqualität, ehemalige Leiterinn der Umweltschutzbehörde (USA), Rev. Lennox Yearwood, Präsident des Hip Hop Caucus (USA), Valérie Cabanes, Schriftstellerin und Juristin (Frankreich), Annie Leonard, Geschäftsführerin von Greenpeace (USA), Aurélie Trouvé, Ökonomin, Attac France (Frankreich), John Holloway, Soziologe und Philosoph (Irland), Tadzio Müller, Klimagerechtigkeitsaktivist (Deutschland), Geneviève Azam, Ökonomin, Attac France (Frankreich), Anne Poelina, Traditionsverwalterin aus der Mardoowarra am unteren Fitzroy River, (Australien), Craig Challen, ehemaliger Australier des Jahres, Höhlenforscher, Tierarzt (Australien), Tim Flannery, Klimaforscher (Australien), Lesley Hughes, Klimaforscherin, Direktorin des WWF (Australien), John Hewson, Ehemaliger Parteivorsitzender der Liberalen Partei und Ökonom (Australien), Chris Taylor, Komiker (Australien), Tom Ballard, Komiker (Australien), Thomas Coutrot, Ökonom, Attac France (Frankreich), Maxime Combes, Ökonom, Attac France (Frankreich), Nicola Bullard, Klimagerechtigkeitsaktivistin (Frankreich/Australien), Heather McGhee, Seniorchef und ehemaliger Präsident der Denkfabrik Demos(USA), Rachel Carmona, Geschäftsführerin des Women’s March (USA), Moema Miranda, Umweltaktivistin (Brasilien), Tomás Insua, Geschäftsführer der Globalen Katholischen Klimabewegung (Argentinien).

(Quelle: https://www.sueddeutsche.de/kultur/klimawandel-protest-fridays-for-future-1.4460327, eingesehen am 28.5.2019)

Weitere Informationen:

Rede Greta Thunbergs vor dem Euopäischen Parlament in Straßburg am 16. April 2019, Link zum Video: https://www.youtube.com/watch?v=nKNEVP473L0

Rede Greta Thunbergs auf dem R20 Austria World Summit am 28. Mai 2019 in Wien, Link zum Video: https://www.youtube.com/watch?v=vqun512v7js

Buchbesprechung:

David Abram: Im Bann der sinnlichen Natur. Die Kunst der Wahrnehmung und die mehr-als-menschliche Welt, Verlag thinkOya: Klein Jasedow 1915, 319 Seiten, ISBN: 978-3927369-45-0.

Warum die zivilisatorische Entwicklung am Punkt einer globalen Krise angekommen ist, dies hat viele Gründe und viele Pfade menschlicher Entwicklung treffen sich hier. Doch es wird immer deutlicher, dass die Gründe innerhalb der „zivilisierten“ Gesellschaft selbst liegen. Die Studie des Ökologen und Anthropologen David Abram, Im Bann der sinnlichen Natur. Die Kunst der Wahrnehmung und die mehr-als-menschliche Welt, trägt meiner Meinung nach zum Verständnis dieses Zusammenhangs ganz erheblich bei.

Abram zeigt, dass die zivilisatorische Entwicklung einherging mit dem Verlust  des Kontakts und der Wertschätzung nicht-menschlicher Formen organischer Empfindungsfähigkeit und Bewusstheit. Alles nicht-menschliche  wurde im Verlauf der zivilisatorischen Entwicklung  zum reinen Zweck und Nutzen. Verloren haben wir die „Magie“ indigener Stammeskulturen, die allgemein akzeptierte Wahrnehmungslogik vorübergehend zu verlassen und in Trance, Tanz, Ritualen, Gebärden, Zeichen, Musik, Gesängen und Kunst  empfänglich zu sein für die sinntragenden Äußerungen des uns umgebenden größeren mehr-als-menschlichen Feldes.

Die vom christlichen Kulturkreis geprägte Spaltung in eine materielle, irdische Sphäre und in eine immaterielle, geistige Sphäre jenseits der irdischen Kultur und die Überhöhung der letzteren hat uns vergessen lassen, dass unsere menschliche Kultur und Intelligenz ein Nichts wäre, würde das uns umgebende mehr-als-menschliche Feld uns nicht ihre Sinnlichkeit, ihre Bewusstheit, ihre Intelligenz und Kultur zur Verfügung gestellt haben. Diese Spaltung in eine materielle und in eine geistige Sphäre ist den meisten indigenen Stammeskulturen fremd, für sie ist die sinnlich erfahrbare Erde die Wohnstatt aller Lebenden und Toten, indem alle Körper sich mit dem Tode verwandeln und wieder eintreten in die belebte Landschaft, aus der alles Leben geboren wurde.

Abram zeigt  überzeugend auf, dass der Verlauf der menschlichen zivilisatorischen Entwicklung  (etwa durch die Arbeitsteilung, die Sprache, die begrifflichen Abstraktionen von den realen Gegenständen und die gesellschaftlichen Beziehungen der Menschen untereinander und zum nicht-menschlichen Bereich) nicht nur Fortschritt  brachte, sondern dass der damit einhergehende Verlust eines ganzheitlichen ökologischen Bewusstseins, den die animistischen Kulturen noch kannten, der Ursprung all des physischen und psychischen Leids ist , die unsere Zivilisation dem gesamten Ökosystem des Planeten und damit auch uns zufügt.

15. April 2019                    Dr. Peter Milde

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert