JANUAR 2024 – FIPS-NEWS Nr. 52:

Zum Pogrom am 7.10. 2023 in Israel und Gazakrieg

Das Leid im Krieg ist unteilbar. Das moralische Urteil ist zwiegespalten.

Das Leid der getöteten Menschen im Gazastreifen berührt nicht weniger als das Leid der getöteten Menschen in Israel. Ein totes jüdisches und ein totes palästinensisches Kind, ein Toter im Krieg – zerfetzt, verstümmelt, geschunden – ist gleichermaßen furchtbar.

Das moralische Urteil über den Krieg jedoch ist zwiegespalten, da die moralische Empörung über das Leid der Menschen im Krieg von den politischen Zielen und Absichten der Kriegsparteien nicht zu trennen ist. Die Fragen nach dem „warum?“ und „wofür?“ die Menschen sterben, spalten die moralische Wertung. Allgemeine Trauer um die Kriegstoten und Empathie mit allen leidenden Menschen im Krieg verdammt noch nicht die sittlich verdorbenen Ideen und Absichten der Hamas, der Hisbollah, und anderer terroristischer islamistischer Organisationen, wie des Islamischen Dschihad. Sie zielen seit Jahrzehnten auf die Vernichtung Israels mit immer neuen Angriffen gegen die Bevölkerung Israels. Ihr erklärtes politisches und militärisches Ziel ist es, Israel zu vernichten und die Juden:Jüdinnen aus Palästina zu vertreiben.

Die im Gazastreifen regierende Hamas im Bunde mit anderen islamistisch-faschistischen Kräften vergewaltigte, verstümmelte und tötete am 7. Oktober mehr als 1200 Bewohner Israels und verschleppte 240 Geiseln, die an der Grenze zum Gazastreifen lebten oder dort an einem Festival teilnahmen. Die Terroristen unterschieden bei diesem Pogrom nicht zwischen Juden:Jüdinnen und Nichtjuden:Nichtjüdinnen. Nicht wenige der israelischen Opfer waren Mitglieder der israelischen Friedensbewegung, die soziale und politische Kontakte zu arabischen Palästinenser:innen im Gaza-Staat unterhielten, soziale Hilfe leisteten und sich für ein gemeinsames demokratisches und friedliches Miteinander einsetzten. Die verschleppten Geiseln wurden im Gazastreifen wie Hexen im Mittelalter auf den Straßen jubelnden arabisch-palästinensischen Massen zur Schau vorgeführt. Gleichzeitig griffen die Hamas und der Islamische Dschihad mit Raketen israelische Gemeinden und Städte an. Hunderttausende wurden in Israel zu Binnenflüchtlingen, mussten ihre Gemeinden an der Grenze zum Gaza-Staat und an der Grenze zum Libanon verlassen, da auch die islamistisch-faschistische Hisbollah im Libanon mit Raketen und Artillerie Israel beschoss. Weltweit und auch in Deutschland feierten arabisch-palästinensische Migrant:innen und ihre deutschen Unterstützer:innen dieses Pogrom als einen Erfolg im „palästinensischen Befreiungskampf“.

Karte Oktober 2023, Quelle: By Ecrusized, influenced by user Rr016. – Own work, Israeli military presence in Gaza Strip citing Institute for the Study of War & Critical Threats Project. Maximum Palestinian advance citing NYT & WSJ. Made using OpenTopoMap data., CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=138592589

Israels Krieg gegen die Hamas und den islamischen Dschihad ist gerechtfertigt und gerecht, weil seine politischen Ziele gerechtfertigt und gerecht sind. Israel verfolgt das Ziel, die politische und militärische Infrastruktur der Hamas und ihre militärischen Kräfte zu vernichten, um weitere Angriffe auf die Bevölkerung Israels zu verhindern und die Geiseln zu befreien. Dieser Krieg reiht sich ein in eine ganze Reihe von Kriegen seit der Gründung des Staates Israel 1948. Hätte Israel in diesen Kriegen sich nicht militärisch behauptet, gäbe es den Staat Israel nicht mehr und würden keine Juden:Jüdinnen dort mehr leben.

Ob die jetzigen Kriegsziele Israels gegen die Hamas erreicht werden können, ist eine andere Frage. Und hierzu entbrennt in der israelischen Gesellschaft und in den staatlichen Institutionen Israels eine kontroverse Debatte: Sind die beiden Ziele, erstens die Hamas vollständig zu vernichten und zweitens alle Geiseln zu befreien, miteinander kompatibel? Nicht nur die Angehörigen und Freund:innen der vergewaltigten, gefolterten und verschleppten Geiseln, von denen noch ca. 120 von der Hamas und dem Islamischen Dschihad festgehalten werden, fordern die Freilassung der Geiseln an die erste Stelle aller Bemühungen des israelischen „Kriegskabinetts“ zu stellen. Letztlich ist ein Kompromiss, ein Übereinkommen zur Freilassung der Geiseln eine Entscheidung der israelischen Gesellschaft und des Staates Israel.

Zur Mitverantwortung der Bevölkerung im Gaza-Staat an den Verbrechen der Hamas.

Die große Mehrheit der Bevölkerung im Gaza-Staat der Hamas und in dem von der PLO verwalteten Autonomiegebiet unterstützt die islamistisch-terroristischen Kräfte in ihrem Vernichtungswillen und Vernichtungskrieg gegen die Bewohner Israels. Die große Mehrheit der arabisch-palästinensischen Bevölkerung im Gaza-Staat und im Autonomiegebiet ist daher mitverantwortlich an den verbrecherischen Taten der Hamas und des Islamischen Dschihad. Der Teil der arabisch-palästinensischen Bevölkerung, der sich bereits vor dem 7. Oktober gegen die Hamas erklärte und dafür von den islamistisch-faschistischen herrschenden Eliten verfolgt wurde, war eine Minderheit. Und selbst als Israel auf dieses schrecklichste antijüdische Pogrom seit dem Holocaust der Nazis mit Bomben und Bodentruppen die Hamas und den Islamischen Dschihad im Gaza-Staat angriff, sympathisierte und unterstützte die große Mehrheit der Bevölkerung im Gaza-Staat und im Westjordanland die islamistisch-terroristischen Kräfte.

Die arabisch-palästinensische Bevölkerung im Gaza-Staat der Hamas leidet unter der islamistisch-faschistischen Herrschaft der Hamas, leidet unter dem Krieg und verdient daher unser Mitgefühl. Doch zugleich kann nicht ausgeblendet werden, dass die große Mehrheit der arabisch-palästinensischen Bevölkerung im Gaza-Staat die islamistisch-faschistischen Herrscher gewählt hat, dass sie der menschenverachtenden Ideologie der Hamas und ihrem Terror Beifall klatschen und die Terroristen bei ihrem mörderischen Handwerk gegen Israel unterstützen. Seit Jahrzehnten werden die Generationen der palästinensischen Araber judenfeindlich indoktriniert und aufgehetzt. Ihnen wird beigebracht, dass diejenigen, die Juden töten, Helden und Märtyrer seien. Niemand kann manipuliert werden, der im Denken und Glauben nicht bereit dazu ist, der nicht diesen antijüdischen Traditionen widerspruchslos zustimmt und bereit zu mörderischem Gehorsam ist. Politische Solidarität mit der derzeitigen arabisch-palästinensischen Gesellschaft im Gazastreifen kann es daher nicht geben.

Zur Verantwortung der islamistisch-faschistischen Kräfte.

Ein moralischer Pazifismus ohne politisches Urteil läuft ins Leere. Ein allgemeingültiges moralisches Urteil ist nicht möglich. Die Forderung nach einem Waffenstillstand ist eine politische und nicht nur eine moralische Forderung. Wem dient, wem nutzt sie? Dieser Frage kann nicht ausgewichen werden. Moralische Rufe nach einem Waffenstillstand oder gar einem Ende des Krieges – mögen sie auch nur ein Ende des Tötens anstreben – übersehen, dass dieser Krieg die Fortsetzung der Politik der Hamas und anderer islamistisch-terroristischer Kräfte mit gewaltsamen Mitteln ist.

Nutzt ein Waffenstillstand beiden Seiten – wie die Freilassung von ca. 100 Geiseln im Austausch gegen 1000 Gefangene – so ist er politisch für beide Seiten akzeptabel. Richtet sich die Forderung nach Waffenstillstand jedoch einseitig an Israel, dann ist diese Forderung Propaganda. Sie soll Israel vor den Menschen im Gazastreifen und vor der Weltöffentlichkeit als angeblichen unbarmherzigen Aggressor bloßstellen. Eine solche Forderung verschafft der Hamas politisch und militärisch einen Vorteil. Um nicht in diese Falle zu tappen, müssen die politischen Ziele bewertet werden.

Ein Waffenstillstand oder ein Abzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen würde das Überleben der dortigen islamistisch-terroristischen Kräfte bedeuten, die weiterhin nicht bereit sind Israels Existenz anzuerkennen und ihre Angriffe gegen die Bevölkerung Israels einzustellen. Es ist nachvollziehbar, dass Israel ein solches politisches Ergebnis des Krieges nicht akzeptiert. Die Hamas und die anderen islamistisch-faschistischen Kräfte wollen keinen palästinensischen Staat neben einem jüdischen Staat. Sie wollen einen islamistisch-palästinensischen Staat auf den Trümmern Israels errichten.

Die Forderung nach Waffenstillstand ist demnach nicht einfach eine moralische Forderung. Es ist eine politische Forderung auch an die arabisch-palästinensische Bevölkerung. Dieser Krieg fände ein sofortiges Ende, wenn alle israelischen Geiseln freigelassen und die Truppen der Hamas ihre Waffen niederlegen und sich ergeben würden. Damit könnte das Leid der Bevölkerung im Gazastreifen sofort beendet werden und die Bevölkerung Israels wäre sicher vor weiteren Angriffen und erneuten Pogromen der Hamas und anderer islamistisch-faschistischer Kräfte.

In jedem Krieg werden nicht nur Soldaten:innen getötet, immer gibt es auch zivile Opfer in der Bevölkerung. Es ist jedoch ein Unterschied, ob die Tötung von Zivilisten das erklärte Ziel der militärischen Aggression der Hamas und des Islamischen Dschihad ist oder ob die zivile Bevölkerung vor Angriffen gewarnt wird und ihnen Fluchtwege offengehalten werden, wie dies die israelische Armee im Gazastreifen macht.

Es ist kein Geheimnis, dass die Versorgung der Bevölkerung in einem Kriegsgebiet ein schwieriges Problem darstellt. Im jetzigen Krieg im Gazastreifen wird dieses Problem zur Propaganda gegen Israel verwendet. Trotz der schwierigen militärischen Lage, hat Israel und hat die Armee Israels im Gazastreifen die Versorgung der Zivilbevölkerung ermöglicht. LKW’s mit Lebensmitteln erreichen täglich die Bevölkerung im Gazastreifen und ein Übereinkommen zur Versorgung der Bevölkerung und der Geiseln mit Medikamenten wurde erzielt.

Doch es ist menschenverachtend, wenn die Hamas und der islamische Dschihad die „eigene“ Bevölkerung als „Schutzschild“ benutzten und Minderjährige zum Krieg einziehen. Dass Zivilisten Opfer der Angriffe der israelischen Armee werden, wird von der Hamas und dem Islamischen Dschihad einkalkuliert. Sie haben ihre militärischen Kommandostellen, Einrichtungen, Raketenstellungen, Waffenlager und Tunnels auch in der Nähe oder gar unter Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern und Moscheen einrichten. Die immensen Kosten für diese Militarisierung des Gaza-Staates der Hamas wurden von den Millionen an sogenannten Hilfsgeldern, die zum Aufbau in den Gazastreifen flossen, abgezweigt.

Israel ist ein demokratischer Staat.

Israel ist ein demokratischer Staat, in dem die ca. 1,3 Millionen (= 20% der Bevölkerung) arabischen Israelis (nur eine kleine Minderheit bezeichnet sich selbst als Palästinenser) die gleichen Bürgerrechte haben wie die jüdische Bevölkerungsmehrheit einschließlich dem Wahlrecht und der demokratischen Freiheitsrechte. Dies gilt auch für die arabischen Frauen. Die arabischen Israelis haben eigene Parteien und sind in der Knesset (israelischen Parlament) vertreten. In den Nachbarstaaten, in denen palästinensische Araber:innen leben, werden ihnen diese Rechte nicht gewährt. Dies bedeutet nicht, dass es in Israel nicht auch Diskriminierung arabischer Israelis gäbe, aber ihre demokratische Teilhabe ist gewährleistet und eine demokratische Bewegung von jüdischen und arabischen Israelis kämpft gegen diese Diskriminierung.

Nicht alle Maßnahmen der Regierung Israels, nicht alle Strömungen in der israelischen Gesellschaft stehen außerhalb der Kritik. Dies ist aber kein Alleinstellungsmerkmal Israels. Doch in kaum einem anderen Land gibt es eine so breite demokratische zivile Bewegung gegen rechts, wie dies in Israel der Fall ist. Die Bewegung richtet sich auch gegen Übergriffe von Polizei, Militär oder Siedler und gegen einen anti-demokratischen Umbau von Staat und Gesellschaft. Es gibt keine annähernd vergleichbare Bewegungen im Gazastreifen oder im Autonomiegebiet im Westjordanland, die sich gegen die rechten nationalistischen oder islamistisch-faschistischen Machthaber wendet. In Israel werden aggressive Angriffe gegen die palästinensische Bevölkerung in den Autonomiegebieten juristisch untersucht und wurden Täter bereits gerichtlich verurteilt. In kaum einem anderen Land würden während Kriegszeiten Proteste gegen die Regierung geduldet, wie dies derzeit in Israel der Fall ist.

Jüdische zivile Siedlungen im Autonomiegebiet und in Ostjerusalem sind in der israelischen Gesellschaft umstritten, da diese anfangs meist von rechtsgerichteten jüdischen Nationalisten ausgingen. Umstritten sind sie auch, weil sie ein Hindernis auf dem Weg zu einer friedlichen Verständigung darstellen. Sie sind jedoch nicht völkerrechtswidrig, wie immer wieder behauptet wird. Die Genfer Konvention von 1949 verbietet zwangsweise Deportationen oder Umsiedlungen der eigenen Bevölkerung in „besetzte Gebiete“, sie verurteilt jedoch nicht die freiwillige Ansiedlung. In keinem anderen internationalem Fall (z.B. Indonesien-Osttimor, Syrien-Libanon, Marokko-Westsahara) wurde Vergleichbares als „völkerrechtswidrig“ bezeichnet. Diese Ansiedlungen sind keine planmäßige Ausdehnung Israels, wie dies häufig unterstellt wird.

Ganz anders verhält es sich jedoch mit der Politik regionaler Hegemonialmächte, wie etwa dem Iran, der ganz offen die Auslöschung Israels und die Errichtung eines islamischen Staates der arabischen Palästinenser anstrebt und diesen auch auf das Staatsgebiet Israel ausdehnen will. Die Forderung nach einem Rückkehrrecht von arabischen Palästinenser:innen, die niemals auf dem Gebiet Israels gelebt haben, verfolgt nichts anderes als das Ziel der Vernichtung Israels als Staat der jüdischen Nation.

Auch andere regionale und globale Mächte verfolgen im Nahen Osten ihre eigenen wirtschaftlichen, politischen und militärischen Interessen, sei es die Türkei, Russland, Saudi Arabien, die USA, Frankreich und Deutschland – um nur einige der wichtigsten zu nennen. In diesem Geflecht unterschiedlicher Interessen ist eines unbestreitbar: Das Recht Israels auf Existenz innerhalb sicherer Grenzen, ein Recht das mittlerweile selbst von einigen arabischen Ländern nicht mehr bestritten wird.

Eine „Zwei-Staaten-Lösung“ – wie sie derzeit von vielen Seiten wieder aktiv gefordert wird – wurde in der Vergangenheit von den Nachbarstaaten Israels und von den Vertretern der arabischen Palästinenser:innen abgelehnt. Bereits 1948 überfielen die Nachbarstaaten den neu gegründeten Staat Israel, um ihn zu vernichten und die Juden:Jüdinnen zu vertreiben. Zugleich lehnten sie die Gründung eines Staates Palästina ab und Jordanien besetzte das Westjordanland. So wurde die in der UNO ausgehandelte „Zwei-Staaten-Lösung“ von den arabischen antijüdischen Nationalisten hintertrieben. Eine Unterschrift unter die im Rahmen der Osloer Verhandlungen 1993 zwischen Israel und der PLO ausgehandelte Einigung über eine autonome Selbstverwaltung des Gazastreifens und des Westjordanlandes unter der PLO verweigerte letztere in letzter Minute.

Es ist allerdings verständlich, wenn Israel einer „Zwei-Staaten-Lösung“ heute nur zustimmen kann, wenn ein Staat Palästina die Existenz Israels in sicheren Grenzen anerkennt. Ein Staat unter Führung der Hamas kann dies sicherlich nicht sein. Ein Staat unter Führung der jetzigen PLO, die den Familien von Selbstmordattentätern Renten zahlt, kann man sich ebenfalls nur schwerlich als einen Staat vorstellen, vor dem Israel sicher sein könnte.

Empathie und politische Solidarität.

Mit Erschrecken ist festzustellen, dass es in Deutschland keine breite gesellschaftliche Solidarität mit Israel und keine breite öffentliche Manifestation gegen das Pogrom an der israelischen Bevölkerung gibt. Stattdessen finden seit Wochen „pro-palästinensische“ Demonstrationen in Deutschland statt, auf denen ganz unverhohlen die Vernichtung Israels propagiert und Israel als „Kindermörder“ diffamiert wird. Die Judenfeindschaft, die sich als Antizionismus und als Anti-Israel-Statement äußert, hat nach dem 7. Oktober in vielen Formen und Erscheinungen öffentlich Gesicht zeigen können. Öffentliche Diskriminierung, Schmierereien an Wohnhäusern, Bedrohungen und Angriffe gegen Juden:Jüdinnen haben nach dem 7. Oktober bis heute ein zuvor unvorstellbares Ausmaß erreicht, das für Juden:Jüdinnen unerträglich ist.

Es ist nicht nur ein Teil der arabischen, palästinensischen migrantischen Diaspora, die Süßes auf den Straßen Berlins verteilte als Zeichen der Solidarität mit den abscheulichen Morden der Hamas und des Islamischen Dschihad am 7. Oktober. Judenfeindschaft ist kein Problem bei eingewanderten Moslems alleine. Judenfeindschaft in Deutschland ist bis heute ein deutsches Problem und hat viele alte und neue Facetten. Nur wenige der nazi-deutschen Judenmörder wurden angeklagt und verurteilt. Judenfeindliche Einstellungen überlebten nach 1945 weiter in den Köpfen und Herzen vieler Deutscher. Judenhass alter und neuer Nazis konnte sich in Schändungen jüdischer Friedhöfe, Synagogen und Einrichtungen, in Diskriminierungen, Angriffen und Morden gegen jüdische Menschen ausleben. Mindestens 20% der Deutschen haben heute judenfeindliche Vorurteile und teilen judenfeindliche Narrative.

Im Kulturbetrieb, unter Intellektuellen, in Hörsälen und in „linken“, „antiimperialistischen“ Milieus ist Judenfeindschaft als „Kritik“ am Zionismus und an Israel seit Jahrzehnten weit verbreitet. Solche „Linke“ leugnen unter dem Vorwand, einen antikolonialen palästinensischen Befreiungskampf zu unterstützen, das Existenzrecht Israels, da es angeblich eine „Siedlerkolonie auf fremdem Territorium“ und ein rassistischer „Apartheid-Staat“ sei. Diese „linke“ Solidarität mit Palästina geht so weit, dass sie selbst die islamistische Ideologie, die Unterdrückung der Frauen, die faschistische Unterdrückung der Bevölkerung, die nationalistische Hetze und die Bereicherung der korrupten Eliten unkritisiert lässt.

Die BDS-Bewegung („Boycott, Divestment and Sanctions“), die etwa den Boykott jüdischer Sänger:innen, Wissenschaftler:innen organisiert und für ein Palästina „vom Fluss bis zum Meer“ eintritt, findet immer mehr Unterstützer. Mittels Delegitimierung, Dämonisierung und Doppelstandards wird das Existenzrecht Israels angegriffen. Kritik an diesen Judenfeinden wird als Einschränkung der Meinungsfreiheit, als „Cancel Culture“ bezeichnet, als sei Judenfeindschaft und Israelhass eine geschützt Meinung. Wer Israelfeindschaft und Judenhass auf die Bühne bringt, hat ein Problem mit seinem Kunstverständnis und kann nicht Kunstfreiheit für seine Juden- oder Israelfeindschaft einfordern.

Da deutsche Politiker:innen die Sicherheit Israels und seiner Bewohner zur deutschen Staatsräson erklären, diffamieren Judenfeinde und Feinde Israels die Solidarität mit Israel als deutschen „Schuld-Komplex“. Doch der Kampf gegen Judenfeindschaft in Deutschland hat zwar vor dem Hintergrund der deutschen Verantwortung für den Holocaust Nazideutschlands eine besondere Komponente, er lässt sich jedoch nicht darauf reduzieren. Der Kampf gegen Judenfeindschaft heute ist ein Kampf gegen Menschenfeindlichkeit, die sich auch heute wieder der „Juden“ als Sündenböcke für alles wirkliche und vermeintliche Übel bedient. Doch auch die „Erinnerungskultur“ an den Holocaust der Nazis in Deutschland ist leider oft nur ein Feigenblatt, um das heutige Deutschland als geläutert und frei von „Judenfeindschaft“ auszugeben. Dem ist jedoch nicht so.

Die Verantwortlichen der Dokumenta 2023 haben mit dem Argument, die Kunst- und Meinungsfreiheit zu verteidigen, judenfeindlichen Darstellungen und Äußerungen eine Plattform geboten und aus der Mitte der deutschen Gesellschaft breite Zustimmung erhalten. Es bedurfte erst breiter öffentlicher Kritik, bis judenfeindliche und Israel dämonisierende Kunst von der Dokumenta 2023 entfernt wurde.

Auf „pro-palästinensischen“ Demonstrationen wird Israel für das Leid der Bevölkerung im Gazastreifen angeklagt, Mitgefühl für die jüdischen und nicht jüdischen Opfer des Pogroms vom 7. Oktober jedoch verweigert. In „linken“ pro-palästinensischen Erklärungen werden die jüdischen Opfer nicht oder höchstens nebenbei erwähnt.

Mitgefühl für alle Leidenden und Trauernden ist die eine Seite. Doch mit Judenfeinden kann es keine politische Solidarität geben. Hunderttausende gehen derzeit gegen rechte Parteien, rechte Ideologien und deutsch-völkische Konzepte der „Remigration“ in deutschen Städten auf die Straße. Gerade im antifaschistischen Kampf heißt es, sich Juden:Jüdinnen aktiv zur Seite zu stellen und den Judenfeinden und judenfeindlichen Ansichten Paroli zu bieten.

25.1.2024 Dr. Peter Milde

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