Juli 2022 – FIPS-NEWS Nr. 47: Zum demokratischen Kampf gegen Judenfeindschaft (Kapitel 11)

Editorial

Das Essay „Zur Geschichte des demokratischen Kampfes gegen Judenfeindschaft“ wird mit dem 11. Kapitel fortgeführt. Die nächsten Kapitel erscheinen jeweils in den folgenden FIPS-NEWS.

Wir bitten nochmals um Entschuldigung, dass die Veröffentlichung erst jetzt erfolgt.

10. August 2022 Dr. Peter Milde

11. Wilhelm von Humboldt – sofortige und vollständige Gleichstellung der jüdischen Bevölkerung

Wilhelm von Humboldt1 verfocht die sofortige und vollständige Gleichberechtigung der jüdischen Bevölkerung. Er lehnte die Position von Dohm und Anderen ab, die die Beschränkungen für die jüdische Bevölkerung „allmählich“ und „schrittweise“ aufheben wollten, sofern die Juden sich zu sittlichen besseren Menschen erziehen ließen.2

Wilhelm von Humboldt lehnte die undemokratische Vorstellung vom Staat, der seine Bürger mittels Gesetzen „erziehen“, konkret die jüdische Bevölkerung „sittlich verbessern“ soll, ab: Für Humboldt war es die Aufgabe der Gesellschaft und nicht die der staatlichen Gesetzgebung, die Menschen zu „erziehen“. In Bezug auf die Religion bedeutet dies, dass sich der bürgerliche Staat aus religiösen Fragen heraus zu halten habe.

Doch auch Wilhelm von Humboldt verfolgte den „Übertritt der Juden zum Christentum“. Er war der Auffassung, wären die Juden erste einmal im Staate vollständig gleichberechtigt, würden sie „sich von selbst zu der christlichen Lehre wenden“.3 Im Ziel war Humboldt sich mit Dohm einig, im Mittel zur Erreichung des Zieles war er jedoch konsequent bürgerlich-demokratisch. Wilhelm von Humboldt argumentierte hinsichtlich des Ziels pragmatisch: Die politische Emanzipation der Juden sei am besten geeignet aus ihnen gute Deutsche und Christen zu machen.

(Fortsetzung folgt).

31.07.2022 Dr. Peter Milde

Endnoten:

1 Wilhelm von Humboldt, Über den Entwurf zu einer neuen Konstitution für die Juden, 1809.

2 „Allein der ganze Grund, auf welchem das System der allmählichen Aufhebung beruht, ist, meines Erachtens, aus einer zwar ehemals angenommenen, aber auch schon längst mit Recht verworfenen Theorie der Gesetzgebung geschöpft. Es ist nämlich dies diejenige, welche die Gesetzgebung zu einer Art Erziehung des Staatsbürgers macht; wo sie nur immer die Mittel in Händen hat …“ (Wilhelm von Humboldt, Über den Entwurf zu einer neuen Konstitution für die Juden, 1809, z.n.:

https://www.lwl.org/aufbruch-in-die-moderne/LWL/Kultur/Aufbruch/popups/politik/verfassung/judenemanzipation/humboldt/index.html).

3 Z.n.: Zur Analyse des Kampfs …, Band 2, S. 132.

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